Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen

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Eine Positionierung des Commons-Instituts

In Foren des Commons-Instituts kam es zu Äußerungen, die sich positiv auf die Proteste gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen bezogen und sie bewarben. Dies hat Diskussionen ausgelöst, wie wir damit umgehen wollen und mündete schließlich in die folgende Positionierung.

Im Selbstverständnis des Commons-Instituts schreiben wir:

„Wir verstehen Commons als soziales Verhältnis. Es weist über Markt und Staat hinaus und verfügt damit über ein gesellschaftstransformatorisches Potenzial jenseits des Kapitalismus. Wir wollen Verhältnisse, in denen sich nicht mehr einige auf Kosten anderer durchsetzen, sondern uns geht es um die Emanzipation aller in einem freien und kooperativen Miteinander.“

Zu Beginn der Coronapandemie sahen wir ein Aufflammen eines solchen freien und kooperativen Miteinanders, etwa in den vielfältigen Formen der Nachbarschaftshilfe während der ersten Welle. Doch wir sehen zunehmend auch Antworten auf die Coronakrise, die unseren Vorstellungen von Emanzipation und Commoning diametral entgegengesetzt sind: So werden etwa bei Querdenken-Demonstrationen oftmals nicht nur einzelne staatliche Corona-Maßnahmen kritisiert, sondern stattdessen die Gefahr des Virus an sich heruntergespielt oder geleugnet, Corona-Tote werden in Kauf genommen, die Welt wird verschwörungsideologisch gedeutet, und demonstriert wird gemeinsam mit Faschist*innen und anderen Menschenfeind*innen.

Da vereinzelt auch Menschen aus uns nahestehenden Zusammenhängen zu diesen Demonstrationen aufriefen oder an ihnen teilnahmen und die Diskussion darum in Commons-Projekten wie SoLaWis und Ökodörfern aufflammte, melden wir uns auf diesem Wege zu Wort. Dabei geht es uns nicht um eine pauschale Verurteilung einzelner Menschen. Vielmehr wollen wir Äußerungen, die auf Demos von „Querdenken“ und ähnlichen Gruppierungen zu hören sind einordnen und ihnen eine konstruktiv-kritische Position gegenüberstellen.

1. Der Freiheitsbegriff, der sich dort ausdrückt, ist ein beschränkter: Es geht um die Freiheit, keinerlei Einschränkungen zu unterliegen, selbst wenn das eigene Verhalten das Leben anderer Menschen gefährdet. Er radikalisiert damit den neoliberalen Freiheitsbegriff als Freiheit des isolierten Individuums. Wenn wir von freiem und kooperativem Miteinander sprechen, dann steckt darin immer schon ein Konzept von Freiheit-in-Bezogenheit und von Freiheit-in-Verantwortung, das wir in Commons auch real erleben. Auch in einer Commons-Gesellschaft würden wir Schutzmaßnahmen zur Eindämmung einer Pandemie finden müssen — miteinander.

2. Die Wirklichkeit wird im Kontext der Corona-Proteste oftmals verschwörungsideologisch gedeutet – etwa, wenn die Gefährlichkeit von Covid-19, an dem allein im Jahr 2020 weltweit über 1,8 Mio Menschen starben, geleugnet wird oder für die Maßnahmen geheime Strippenzieher*innen verantwortlich gemacht werden. Ein solches Weltbild verhindert nicht nur wirkliche Analysen von Ursachen und Strukturen, sondern geht oftmals fließend in antisemitische Argumentationsmuster über.

Uns an der Wirklichkeit zu orientieren ist nicht nur in Bezug auf Corona entscheidend sondern auch bezüglich des Klimawandels. Entsprechend fordern wir gemeinsam mit Fridays for Future und anderen Bewegungen, die Erkenntnisse der Wissenschaft ernst zu nehmen und sie nicht, wie AfD und andere Klimawandelleugner*innen zu bekämpfen.

3. Auf vielen Demos gegen Corona-Maßnahmen laufen zu nicht unbeachtlichen Teilen Nazis und andere Rechtsradikale mit. Selbst wenn das nicht alle anderen Teilnehmer*innen so wollen, sie dulden es zumindest und tolerieren auf diese Weise deren Tun. Der Einschluss von Menschen mit einer lebensfeindlichen Agenda bedeutet stets den Ausschluss der durch sie Bedrohten. Er macht jegliches Eintreten für Gleichberechtigung und Emanzipation unglaubwürdig, weil er ihr Gegenteil befeuert. Das ist nicht die Inklusion, die wir meinen.

4. Unsere Kritik an Positionen, die die Wirklichkeit verleugnen, Menschenleben gefährden und mit Menschenfeind*innen gemeinsame Sache machen, bedeutet nun nicht, dass wir uneingeschränkt hinter dem Umgang der Regierungen mit der Pandemie stehen. Wir befürworten eine breite Diskussion und stehen zudem für eine emanzipatorische Kritik an den staatlichen Maßnahmen. So ist z.B. in Frage zu stellen, warum das Privatleben eingeschränkt wird, die Wirtschaft jedoch um jeden Preis am Laufen gehalten werden soll, oder warum nicht früher und konsequenter reagiert wurde, um das Virus nachhaltig einzudämmen.

5. Wir wollen dazu anregen, gesellschaftliche Verhältnisse in Frage zu stellen, die das Virus zu einer solchen Katastrophe werden ließen. In einer Commons-Gesellschaft, die nicht die Kapitalverwertung zum Ziel hätte, sondern die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, wäre es möglich, die Produktion auf ein notwendiges Mindestmaß herunterzufahren. Niemand würde seine*ihre Existenzgrundlage verlieren, solange stofflich noch genug für alle da ist. Die Menschen würden wirklich über ihre Lebensbedingungen verfügen – und deshalb auch weniger zu verschwörungsideologischen Welterklärungen greifen.

Aus all diesen Gründen werden wir in unseren Foren Äußerungen, die verschwörungsideologische oder rechtsradikale Positionen verbreiten oder bewerben, nicht dulden. Wir dulden auch keine unkritischen Verweise auf Medien, deren Hauptinhalt es ist, solche Inhalte zu verbreiten.