9. Commons-Sommerschule

4. – 11. September 2022 in Gerswalde/Brandenburg

Der Große Garten, Dorfmitte 7, 17268 Gerswalde

Bewerbungsschluss: Donnerstag, 16. Juni 2022

Verbundenheit & Trennung: Sich in Vielfalt gemeinsam ausrichten

Wie können wir verbindend denken, fühlen und handeln, statt immer wieder Trennungen zu vollziehen? Sind geteilte Werte und Absichten Voraussetzung oder können wir sie im Prozess kultivieren? Wie können wir Ausschlüsse vermeiden, das Zusammensein offenhalten und dennoch Verbundensein herstellen und erfahren? Wie nehmen wir strukturelle Machtverhältnisse deutlicher wahr und unsere Verantwortung dafür in die Hand? Die vielfältigen individuellen und gesellschaftlichen Getrenntheitserfahrungen der heutigen Zeit verleihen diesen Fragen besondere Bedeutung.

Unser Zusammenleben fußt auf politökonomischen Strukturen und Weltbilder des Getrennt-Seins, die sich gegenseitig bedingen. Auf dieser Grundlage bringen wir permanent Situationen hervor, in denen wir uns ganz real als getrennt von uns selbst, voneinander und von unserer Mitwelt erleben. Hingegen finden sich im absichtsvollen, gemeinsamen Handeln überall auf der Welt – wie in nachbarschaftlichen Verbünden gemeinsamer Wasserversorgung, Open Source Soft- und Hardwareprojekten, selbstorganisierten Pflege-Teams und Umsonstläden – Muster gelingenden Miteinanders. Wenn beispielsweise in solidarischen Landwirtschaften das Produktionsrisiko gemeinsam getragen und Gemüse gemeinsam erzeugt und genutzt wird, werden bewusst Trennungen aufgehoben, die in die Konsument:innenrolle eingeschrieben sind. Durch gemeinstimmiges Entscheiden im Kreisgespräch erübrigt sich im Kooperationsverbund Cecosesola (Venezuela) die Spaltung in Mehrheit und Minderheiten.

In der Commons-Sommerschule wollen wir Getrennt- und Verbundenheit begreifen und beforschen. Dabei hilft uns die Mustersprache des Commoning aus den gelingenden Praktiken des Miteinanders zu schöpfen und diese auf unsere Alltage zu übertragen. Der Mustersprache liegt eine Weltsicht der Verbundenheit zu Grunde ohne Grenzen und Abschiede auszuschließen. Sie dient uns als Anker und Inspirationsquelle auf dem Weg zu einem fairen, freien und lebendigen Zusammenleben.

Wie arbeiten wir?

Auf der Commons-Sommerschule nutzen wir Kopf, Herz und Hand. Wir arbeiten analytisch – mit Konzepten und Begriffen. Wir setzen Commoning in die Praxis um und wir nutzen unseren Körper als Instrument des Erfahrens und Erkennens.

Begrifflich: Wir unterscheiden mindestens drei Dimensionen der Commons: die soziale, im Umgang miteinander. Die politisch-institutionelle, um komplexe Formen von Selbstorganisation zu gestalten. Die ökonomische, um sich der Verwertungslogik zu entziehen. Wir wollen diese Dimensionen ergründen und auf aktuelle gesellschaftliche Debatten beziehen. Und wir wollen erkennen, wo wir unbewusst auf Denkmuster zurückgreifen, die dem freien Denken im Weg stehen.

Aus der Praxis heraus: Die Commons-Sommerschule ist selbst ein Ort des Commoning. Darin üben wir uns miteinander sowohl im Alltag während der Sommerschule als auch in der inhaltlichen Arbeit. Die Teilnehmer:innen bringen ihre Praxis mit und ein. Sie tauschen sich aus, reflektieren ihre Herangehensweisen, stellen sie in einen größeren Zusammenhang und werden so zum inhaltlich bestimmenden Faktor des Ganzen.

Körperlich erfahrbar: Wir experimentieren mit somatisch-künstlerischen Räumen, laden das Spiel und die Intuition ein, forschen mit Nichtwissen und spüren in das hinein, was unsere Welt erfahrbar macht. Wir erkunden den Zugang zur Intelligenz, die jeder Körper innehat. Wir suchen nach Werkzeugen für das Commoning auch jenseits der
Konzepte.

Diese drei Herangehensweisen werden wir zu einem vielschichtig reflektierten Bild verweben.

Wer kann sich bewerben?

Wir freuen uns dieses Jahr zum ersten Mal zwei Sommerschulen anbieten zu können. Die achte Commons-Sommerschule im Juni 22 in Bechstedt ist bereits voll. Für September in Gerswalde haben noch wenige Plätze frei. Wir laden alle ein, die die Welt vielfältig und lebensfreundlich gestalten wollen, Aktive aus Projekten und Netzwerken – oder auch nicht. Praktiker- und Theoretiker:innen genauso wie Menschen, die mit dem Thema Commons bisher eher wenig zu tun haben. Bewerben können sich Menschen jeden Alters, jeder Hautfarbe, jeden Geschlechts, jeder Herkunft… Wir achten bei der Entscheidung für max. 20 Teilnehmer:innen auf Vielfalt. Menschen mit mehr Lebenserfahrung und/oder eher gesellschaftlich marginalisierten Perspektiven würden die Gruppe besonders bereichern. Thematische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Wichtig ist nur die Bereitschaft zum Mitgestalten und die Neugier, einen eigenen Ausdruck dafür zu finden, worum es gehen könnte.

Welche Teilnahmevoraussetzungen gibt es?

Die Beteiligung am Gesamtprogramm ist voraussetzend. Das heißt: Anreise bis spätestens am Sonntag, den 04.09.2022 um 15 Uhr und deine Abreise frühestens für Sonntag, den 11.09.2022 um 13 Uhr. Warum uns das wichtig ist, kannst Du hier nachlesen.

Wir werden zum Abschluss der Sommerschule die gemeinsam erlebte Woche durch eine anonyme Beitragsrunde solidarisch finanzieren. Wir verzichten auf eine Anzahlung, obwohl diese oft genutzt wird, um eine Verbindlichkeit der Teilnehmenden zu sichern. Wir wollen diese Verbindlichkeit aber nicht über Geld herstellen. Bitte geh trotzdem verbindlich mit deiner Zusage um, da eine Absage Auswirkungen auf den Prozess, die Gruppe und die Vorbereitung hat. Mehr zur Finanzierung findest du hier.

Die Commons-Sommerschule ist deutschsprachig.

Wie bewirbst Du Dich?

Bewirb Dich bitte formlos mit einer Kurzvorstellung Deiner Person & Motivation bis inklusive 16. Juni 2022 per e-mail an Sommerschule ät commons-institut.org.

Eine Teilnahmebestätigung oder begründete Ablehnung bekommst Du zwischen dem 26. und 30. Juni 2022. Bitte hab Verständnis dafür, dass wir erst nach dem Ende der Bewerbungsphase die Bestätigung verschicken. Die Zusammensetzung der Gruppe ist uns wichtig und alle sollen eine Chance haben, die sich innerhalb der Ausschreibungszeit bewerben.

Wir freuen uns auf Eure Bewerbungen

Sarah Ackerbauer, Johannes Euler & Sigrun Preissing

Programmentwurf für die Commons Sommerschule von Sonntag 4.9.2022 bis Sonnstag 11.9.2022

Sonnstag: – Anreise bis 15 Uhr – Ankommen, Auftakt, Kennenlernen

Montag: – Eintauchen in Weltbilder – Einführung Commonstheorie: von Gemeingütern zum Commoning

Dienstag: – Herausforderungen des Getrennt-Seins vergegenwärtigen – Die Mustersprache des Commoning: Von Praktiken des Gelingens lernen

Mitttag: – Philosophie der Lebendigkeit: Spiegel meiner Selbst – Verbundenheit mit der Natur vertiefen – Commoning in Alltagskontexte übersetzen

Donnerstag: – Wandertag in der schönen Uckermark – Zwischenreflexion

Freitag: – Open Space

Samstag: – Open Space – Finanzierungsrunde, Dokumentation & Auswertung

Sonntag: – Auswertung & Abschied – Abreise ab 13 Uhr

Die finale Programmfassung bekommt ihr kurz vor der Sommerschule.

Durch die Sommerschule begleiten:

Sarah Ackerbauer: Ich bin ehem. Sommerschülerin und habe 2016, 2017 und 2021die Commons-Sommerschule mit Silke Helfrich gemeinsam getragen. Ich lebe derzeit mit zwei kleinen Kindern und ihrem Papa nomadisch in einem Feuerwehrauto auf der Suche nach einem Ort, an dem wir leben können, und Menschen, mit denen wir zusammenwirken wollen für ein Leben in Verbundenheit. Ich liebe die sensible Arbeit mit Menschen im Kreis und bin dabei inspiriert von meinen Erfahrungen aus der Wildnis-, der Theaterpädagogik und gewaltfreier Kommunikation. Ich habe meine Hände gerne am Gemüse in der Erde und genieße es, zusammen mit kleinen und großen Menschen das Lebendige zu erforschen.

Johannes Euler: Im Commoning habe ich ein Herzens- und Lebensthema gefunden, das mich seit vielen Jahren praktisch, aktivistisch und akademisch beschäftigt. Als Teilnehmer der Sommerschule 2012 und 2021, in wissenschaftlichen Publikationen, in Seminaren und Workshops, beim Bauen und Beleben eines Hausprojekts, in sozialen und ökologischen Bewegungen und bei so vielen anderen Gelegenheiten wird mir immer wieder bewusst, wie vielfältig und weitreichend Commoning unsere Leben hin zu einer inklusiveren und verbundeneren Lebensweise transformieren kann.

Sigrun Preissing: Commoning spielt in meinem Alltag eine große Rolle. Seit 20 Jahren bewege ich mich in selbstorganisierten Gruppen, die gemeinschaftliche Infrastrukturen aufbauen, beleben und nutzen. Auf der theoretischen Ebene befasse ich mich vor allem mit der ökonomischen Dimension von Commons. Bis vor kurzem habe ich als Bildungsschaffende im Angestelltenverhältnis gearbeitet. Doch nun, ganz frisch, habe ich entschieden das aufzugeben, um in meinem Leben mehr Platz zu schaffen für mein Erforschen und Gestalten von Strukturen, die Lebendigkeit herstellen und erhalten. Ich freue mich auf das Fühldenken mit euch in der Sommerschule.